Was ist Heimat?!

Was ist das - ein Zuhause?!

Ein Ort?!

Ein Gefühl?!

Was meinst du?! Ist es für jeden etwas anderes?! Ist es für uns alle das gleich?!

Ein letztes Mal Schaukeln im Garten.


Tet Suwan weiß es nicht - Tet weiß einfach nur, dass etwas was sehr sehr lange ihre Heimat - ihr Zuhause war - nicht mehr da sein wird - es wird nicht mehr Teil ihrer Wirklichkeit sein...


"Er kann nicht anders, als die Wohnung zu hassen, weil sie der Traum seines Vaters war. Und weil sie jetzt genauso der Vergangenheit angehört wie sein Vater. Die Wohnung ist nur noch wie ein Museum, das Museum der Träume von Hüseyin Yilmaz. Und wer braucht schon Museen?"

FATMA AYDEMIR DSCHINNS


Das Haus meiner Mutter wird verkauft. Meine Mutter hat ihr ganzes Leben in genau diesem Haus verbracht. Ich habe meine Kindheit in genau diesem Haus erlebt, meine Jugend, meine Zeit des jungen Erwachsenwerdens... - nicht immer leichte Zeiten - oft schwere Zeiten - manchmal sogar so schwere Zeiten, dass ich auch heute davon noch Male an meinen Armen davon wiederfinde...


Ein Haus - das viel Streit und böse Gedanken über die gesamte Familie gebracht hat - dass sogar die Verbindungen von Menschen miteinander zerbrechen hat lassen.

Ein Haus das entzweit, das Menschen gegeneinander streben lässt - ist es ein Haus, welches man so einfach gehen lassen kann?!

Kann das Haus etwas dafür - oder sind es wie so oft die Menschen die dahinter oder davor; oder dadrinnen stehen?!


"Der schwere Atem seiner Mutter ist ganz nah an Ümits Ohr, wie Geflüster, wie ein Sturm, der Ümits Verstand bedroht. Ümit kennt diesen Atem in seinem Ohr seit seiner Kindheit. Wenn er ihn spürt, heißt das, dass seine Mutter ihm viel zu nahe kommt, dass sie keinen Abstand zulässt, dass sie mit ihm machen kann, was sie will, weil sie seine Mutter ist, und Mütter dürfen das doch. Nicht, dass Emine ihm je etwas böses getan hätte, nicht absichtlich jedenfalls, trotzdem fühlt sich diese Art von Nähe falsch an, wie eine Drohung. Weil sie nicht freiwillig ist, weil Ümit ihr nicht entkommen kann, ohne sich wie ein respektloser Bastard zu verhalten."

FATMA AYDEMIR DSCHINNS


Meine Mutter und ich haben unsere eigene Geschichte - und doch spielt sich diese Geschichte in genau diesem Ort ab - in diesem Haus - das Haus was meiner Mutter so verdammt wichtig gewesen ist - was sie mehr als alles andere schützen wollte - vor anderen - und sei es ihren eigenen Schwestern gegenüber - sei es ihrer Mutter gegenüber - ein Gesamt-schwieriges-Verhältnis - was bereits mit dem letzten Atemzug meiner Mutter vor über 2 Jahren durch sie selbst beendet wurde.

Sie wohnt nun nicht mehr hier - geht die Treppen nicht mehr schwerlich auf und ab und muss sich hüten nicht zu stürzen - sie begutachtet nicht mehr den Garten, den sie bereits als Kind die schönsten Besuche abstattete - das letzte mal hat sie nicht selbst das Haus verlassen - sie musste dabei getragen werden...

Das heißt aber auch - wenn du noch träumst Mutti - dann liegst du immer noch in deinem Bett - in deinem Haus!

Ich glaube diese Vorstellung gefällt mir besser, als dich in einem Gefäß unter der Erde zu wissen...


Und auch wenn meine Vorstellungskraft dich genau dort sieht - mit einem zufriedenen Lächeln - mit einem ruhigen Gewissen - kann ich dann dieses Haus gehen lassen?!

Kann ich es?!

Ja ich kann es - ich muss es!

Weil mein Leben weitergeht! Mein Leben ist nicht dieses Haus! Ich habe eine andere Geschichte - ich habe viele Geschichten - ich habe viele Wege - viele Orte die ein Zuhause sind - viele Orte die mir Heimat sein können - und vor allem habe ich mich!

Und Tet Suwan funktioniert ganz ohne Haus und Hof - Tet funktioniert auch alleine gut - da sie weiß auf eigenen Beinen stehen zu können - da ihr das die meiste Kraft gegeben hat - schon immer - und die andere Seite ihr immer nur Kraft genommen hat!

So lasse ich also dein Haus gehen Mutti - ich lasse deine Ruhe in diesem Haus - da es deine ist und nicht meine - den mein Leben beginnt noch Stück für Stück hier und da - weil ein Ende auch immer ein Anfang sein kann - weil wir uns wahrhaftig immer im Kreise drehen - und dort gibt es sogar weder Anfang noch Ende...

Drehen wir uns also im Kreis und suchen die Heimat ohne Haus - ohne Vergangenheit - suchen wir die Heimat im Hier und Jetzt - bei uns selbst!



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